Powerfrau aus der Region

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Wer kennt sie nicht, die rothaarige Powerfrau aus der Chefetage und FCZ-Managerin? Seit 50 Jahren lebt Heliane Canepa am linken Zürichseeufer. Wir wollten mehr aus ihrem Leben erfahren.

Frau Canepa, wie sind Sie aufgewachsen?

Mein Leben begann im vorarlbergischen 10’000-Menschen Dorf namens Götzis. Mein Vater, Lehrer und Gemeindepräsident, unterstützte meinen Werdegang immer, forderte aber auch positive Ergebnisse. So konnte ich nach der Grundschule bereits ins Gymnasium in Feldkirch. Ich wusste schon früh – ich will arbeiten, ich will an die Front. Damals erwartete man von jungen Frauen: Heiraten, Kinder und Haushalt. Das war aber ganz und gar nicht mein Plan. Ich wollte die Welt erobern, entschied mich für ein Studium in London und setzte meine Ausbildung an der «Sorbonne» in Paris fort.

Was war Ihre Berufsidee?

Sprachen waren mir wichtig, ich habe viel gelesen und dachte, das Führen eines Buchladens könnte das Richtige für mich sein. Mein Vater bestand darauf, mittlerweile war ich 22 Jahre alt, erst einmal zu arbeiten. Ich dachte, die Schweiz wäre für meinen Berufseinstieg ideal, dort würden auch gute Löhne bezahlt. Also gab ich ein Stellensuchinserat auf. Ich bekam tatsächlich zahlreiche Angebote, darunter auch eines der Maschinenfabrik Rüti im Zürcher Oberland. Sie suchten eine Fremdsprachen-Sekretärin. Nach London und Paris war Rüti zu Beginn schon ein Kulturschock. Aber sowohl die Firma wie auch die Arbeit waren durchaus interessant. Zu meinem Glück verlangte mein Vorgesetzter von mir, dass ich den internen Branchenunterricht besuchen musste, um die Welt der Webmaschinen besser verstehen zu können. Es war am Einführungs-Kurs, als mir sofort ein vorwitziger, intelligenter junger Mann auffiel.

Wann erkannten Sie, dass es anders kommt?

Ich wollte die Welt erobern, nicht als Nummer 2, sondern als Nummer 1. Doch dann kam mir aus heiterem Himmel die Liebe in die Quere. Der junge Mann hiess Cillo und war ein begeisterter und offenbar auch talentierter Fussballer. Er lud mich zu einem seiner Spiele ein, obwohl mir der Fussball damals gänzlich fremd war. Immerhin fand ich seine muskulösen Beine sehr attraktiv. Dann ging alles sehr schnell. Wir heirateten, zogen nach Richterswil und Cillo begann sein Betriebsökonomie-Studium.

Heliane und Ancillo Canepa mit Chilla und Kookï

Ich meinerseits suchte und fand eine Anstellung mit Einzelprokura für ein ganz kleines Medizinal-Technik Unternehmen. Der Patron, Herr Schneider, sagte mir, ich könnte mich selbständig um die Führung der Firma kümmern, da er für sein anderes Unternehmen viel unterwegs sei. Wir entwickelten als Pionier eine Weltneuheit – den aufblasbaren Ballon für Herzgefässe. Ich musste mir das ganze medizinische Know-How erarbeiten, dies war ungemein spannend.

Der Erfolg war überwältigend und Dr. Andreas Grüntzig, der Erfinder des Ballonkatheters, blieb mir viele Jahre als Berater an der Seite. Die Firma wurde ungemein erfolgreich und wurde zweimal verkauft. Vor dem zweiten Verkauf wollte ich das Unternehmen mit Investoren selber übernehmen. Es ging um 3 Milliarden Franken. Der damalige Besitzer, der amerikanische Pharmakonzern Pfizer wählte dann eine industrielle Lösung und verkaufte die Firma an Boston Scientific.

Leider entschloss sich dann die neue Eigentümerin den gesamten Betrieb aus steuerlichen Gründen nach Irland zu verlegen. Es war mir ein grosses Anliegen, für die Belegschaft nach Lösungen zu suchen. Ich fand ein deutsches Unternehmen aus der Medizinaltechnik, welches bereit war, das gesamte Personal zu übernehmen und in den Räumlichkeiten der Firma Schneider ihre eigenen Produkte herzustellen. Ich hätte dort ebenfalls die CEO-Position übernehmen können, aber ich wollte einen Change.

So übernahm ich ein Verwaltungsratsmandat bei einem Fonds, der in der Medizinaltechnik investiert war. Dabei lernte ich den bekannten Unternehmer Dr. Ernst Thomke kennen. Wir suchten interessante Firmen in der Medizintechnik und stiessen auf das traditionelle schwedische Unternehmen Nobel Biocare. Wir investierten, weil wir sahen, welches Potenzial vorhanden war. Als sich die Geschäftsleitung Knall auf Fall aus dem Unternehmen verabschiedete, übernahm ich – vorerst ad interim – den CEO-Posten. Meinem Mann teilte ich dies mit einem Post-it Zetteli mit und flog dann nach Göteborg. Es war wieder eine ganz neue Erfahrung: wie kann man ein bestehendes Team für neue Gedanken begeistern oder die Bankanalysten auf der ganzen Welt von der Firma überzeugen. Es war eine tolle Zeit.

Unternehmerin des Jahres 1995

Sie sind mehrfach preisgekrönte Managerin, worauf sind Sie besonders stolz?

Als ich zur Firma Schneider stiess, betrug der Umsatz rund eine Million Franken. Nach 15 Jahren waren wir Weltleader und der Unternehmenswert betrug 3 Milliarden. Auch der Bau des eigenen Verwaltungs- und Produktionsgebäudes in Bülach war ein Höhepunkt. Die Entwicklung der Zahnimplantate-Firma Nobel Biocare war ein Erfolg, wir brachten die Firma an die Zürcher Börse, sogar bis in den SMI.

Gab es Momente, in denen Sie sich entmutigt gefühlt haben? Was hat Sie bewogen weiterzumachen?

Als die neue Eigentümerin der Firma Schneider den gesamten Betrieb aus steuerlichen Gründen nach Irland verlegte, war es mir ein grosses Anliegen, für die gesamte Belegschaft neue Stellen zu finden. Ich fand ein deutsches Unternehmen aus der Medizinaltechnik, welches bereit war, das gesamte Personal zu übernehmen und in den Räumlichkeiten der Firma Schneider ihre eigenen Produkte herzustellen.

Was geben Sie der Generation Z mit auf den Weg?

Sich bewusst zu sein: was macht mir wirklich Spass! Und sich dann darauf zu fokussieren. Rückschläge gehören dazu, mit Durchhaltevermögen kann man alles erreichen.

«Das Leben ist zu kurz, um etwas zu tun an dem man keinen Spass hat.»

Heliane Canepa

FCZ und Heliane Canepa – eine weitere Erfolgsstory.

Was macht für Sie den FCZ so speziell?

Es ist die lange Tradition, die vielen Geschichten aus 125 Jahren Clubleben, die mich faszinieren. Neben sportlichen Höhepunkten waren die Eröffnungen des FCZ-Fanshops, des FCZ-Museums und der Bau eines eigenen Trainingszentrums die Highlights in meinem bisherigen FCZ-Leben. Erst das neue Gebäude im Heerenschürli ermöglichte uns, alles unter einem Dach zusammenzuführen. Sei es die erste Mannschaft, der Nachwuchs – wir bilden über 600 junge Fussballer:innen aus – oder die Geschäftsstelle. Mir ist das Gesamtpaket wichtig. Das Zusammenspiel zwischen Profimannschaft, Nachwuchs und den Eltern wird besser. Die Ausbildung von jungen Menschen sportlich, und bei der Persönlichkeitsentwicklung kombiniert mit der Integration von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, ist eine wertvolle Aufgabe.

Welches Erlebnis mit dem FCZ ist Ihnen besonders geblieben?

Natürlich die 125-Jahr Feier. Auch wenn wir coronabedingt Abstriche machen mussten, war es ein tolles Jubiläumsjahr. Wir produzierten einen Jubiläumsfilm, liessen die Fortsetzung unserer Biographie schreiben und führten im Stadion eine Jubiläumsfeier durch. Als die verschiedenen Mannschaften  auf dem Rasen aufgelaufen sind, trieb das Cillo und mir doch Tränen der Rührung in die Augen. Es war ein versöhnlicher Abschluss für die viele Arbeit rund um das Jubiläum. Dass wir dann das Jubiläumsspiel mit 6:2 gegen Sion gewannen, war fast schon kitschig.

Was erhoffen/wünschen Sie sich in Zukunft für den FCZ?

Wir wollen den FCZ nicht verwalten, wir wollen ihn weiterbringen. Der Club muss sich laufend neu erfinden und darf nicht stehen bleiben. Dies treibt uns an, immer wieder das bestmögliche für den Club zu erreichen.

Jubiläumsfeier 125-Jahre FCZ

Region, Lieblingsplätze

Sie waren viel im Ausland, wohnen aber schon 50 Jahre am linken Zürichseeufer. Was hält Sie hier?

Cillo ist gebürtiger Richterswiler, mit starken Wurzeln in der Region. Seine Eltern lebten sehr lange in Richterswil, er selber ging in Richterswil in den Kindergarten und in die erste Primarklasse. Dadurch entsteht eine Verwurzelung mit der Region. Zuerst lebten wir gemeinsam in Richterswil, zogen später nach Rüschlikon und wohnen jetzt in Wädenswil. Das linke Zürichseeufer gehört zu den attraktivsten Wohngebieten im Kanton. Es liegt geographisch und verkehrstechnisch perfekt zwischen See, Stadt Zürich und Natur. Gerade als Hundehalter ist die Umgebung unglaublich abwechslungsreich. Wer von «Pfnüselküste» spricht, hat keine Ahnung.

Was schätzen Sie besonders an der Region?

Man ist in wenigen Minuten mitten in einer herrlichen Natur. Auch die vielen Zufallsgespräche mit den Bauern auf dem Zimmerberg geniesse ich jedes Mal. Zudem strahlt der See Ruhe aus.

Warum hat die Politik Sie nie gereizt? (Im Lebenslauf sieht man keine politisch aktive Beteiligung)

Ich war 5 Jahre lang als Mitglied der Schulpflege Rüschlikon aktiv. Ich wollte das politische System kennenlernen und verstehen, wie die Ausbildung in der Schweiz funktioniert. Ein wenig wollte ich auch meinem Vater beweisen, dass ich mich auch in der Politik engagiere. Meine Arbeit bei Schneider mit den vielen Auslandreisen nahm immer mehr Zeit in Anspruch. Das zusammen mit der Erkenntnis, dass in der Politik die Entscheidungswege durch viel Überzeugungsarbeit deutlich länger als in der Privatwirtschaft dauern, hielt mich davon ab, weiter in der Politik tätig zu sein. Ich konnte mit meinem beruflichen Engagement für viele Mitarbeitende direkt vielleicht mehr bewirken.

Haben Sie ein Lieblingsplatz in der Region /in Wädenswil?

Nicht einen, ganz viele. Sei es in der Natur, unterwegs mit den Hunden, am See oder auch einfach zuhause im Garten. Ich fühle mich unheimlich wohl, wo ich heute bin.

Frau Canepa, wir bedanken uns sehr herzlich für den Einblick in Ihr vielfältiges Leben.

Heliane Canepa liebt die Natur der Region